Akademie der Polizei Hamburg

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Ausbildung an der Akademie - Polizistin / Polizist vom ersten Tag an…

Immer wieder kommt es vor, dass Nachwuchskräfte der Akademie die Bewältigung schwieriger Einsätze oder die Tataufklärung entscheidend unterstützen.

Am xx.xx.2022, um 10:19 Uhr, erhielten wir als Besatzung des FuStw Peter 43/1 folgenden Einsatz: "X-Straße, im dortigen KLGV (Kleingartenverein), brennt Gartenlaube, SZ (Sonderrechte zugelassen = Blaulichtfahrt)!"

Vor Ort sahen wir eine große Rauchwolke und mehrere Fahrzeuge der Feuerwehr. Die Feuerwehrkräfte gaben an, dass sie eine auffällige Person wahrgenommen hatten, die sich zunächst den Brand von weitem angesehen hatte und dann weggelaufen war. Sie beschrieben die Person als männlich, ca. 30-40 Jahre alt, 3-Tage-Bart, trug dunkle Kleidung, schwarze Mütze und einen schwarzen Rucksack.

Da sich der Mann durch sein Verhalten verdächtig gemacht hatte, fahndeten wir im Bereich der Kleingartensiedling nach ihm. In der beschriebenen Fluchtrichtung, an den angrenzenden Bahngleisen, trafen wir auf einen Mann, auf welchen die Beschreibung der Einsatzkräfte ziemlich gut passte. Wir fragten ihn, ob er sich ausweisen könne, woraufhin er uns seinen polnischen Reisepass übergab. Bei einer Überprüfung seiner Daten wurden wir darauf hingewiesen, dass gegen die Person ein offener Haftbefehl bestand und dass diese unverzüglich festzunehmen sei. Es ergaben sich keine weiteren Hinweise darauf, dass der Mann für das Feuer verantwortlich sein könnte.

Deshalb ging es im Folgenden nur um den Haftbefehl, der allerdings dazu führt, dass die Person sofort verhaftet und anschließend in eine Justizvollzugsanstalt gebracht wird.

Wir eröffneten dem Mann, dass er aufgrund des Haftbefehls mit uns zur Polizeiwache kommen müsse. Er gab, an nervös zu sein und fragte uns nach einer Zigarette und einem Feuerzeug. Unmittelbar nach dieser Frage fasste der Mann in seine Jackentasche und zog ein kleines Messer heraus. Unabhängig von der Klingenlänge kann man mit jedem Messer andere Menschen erhebliche Verletzungen zufügen. Deshalb zog mein Anleiter seine Schusswaffe und forderte den Mann auf, das Messer auf den Boden zu werfen. Anschließend wurden dem Mann aus Gründen der Eigensicherung Handfesseln angelegt, da sein Verhalten für uns jetzt unkalkulierbar war. Anschließend wurde er durchsucht. In dem mitgeführten Rucksack fand ich einen Grinder, der dazu dient, BtM zu zerkleinern. Weitere relevante Gegenstände fanden wir nicht. Anschließend wurde der Mann an das PK 43 gebracht. Dort machte er einen freiwilligen Atemalkoholtest, welcher einen Wert von 1,49 ‰ ergab.

Das LKA erhielt auf dem Berichtswege Kenntnis.


Mein Empfinden:

Während der Anfahrt zu dem Feuer habe ich mir überlegt, welche Daten ich am Einsatzort aufnehmen muss, wie beispielsweise wo es genau brennt, welche Schäden entstanden sind und welche Löschkräfte vor Ort waren. Da ich bereits bei ein paar Bränden mit dabei war, wusste ich in etwa, worauf ich achten muss. Als wir vor Ort auf die Einsatzkräfte der Feuerwehr trafen und diese uns eine Beschreibung von einem Flüchtigen gaben, der eventuell der Brandstifter gewesen sein könnte, ging mir viel durch den Kopf. Ich versuchte, mir alle Angaben zu merken und schrieb diese dann ins Merkbuch. Während der Fahndung befragten wir einige Passanten. Leider konnten sie uns nicht weiterhelfen. Kurz darauf trafen wir am Bahndamm auf den Mann, auf den die Personenbeschreibung ziemlich gut passte.

Er wirkte sehr entspannt und begrüßte uns freundlich. Ich stellte mir die Frage, warum er sich dort aufhielt und ob er möglichst unauffällig wirken wollte. Wir fragten ihn, wo er vor einigen Minuten gewesen sei und ob er schon einmal polizeilich in Erscheinung getreten war. Wir sagten ihm, dass ein Mann mit seiner Beschreibung vom Feuer geflüchtet war. Er gab an, obdachlos zu sein und dass er in der Nähe schlafen würde. Das beruhigte mich zunächst ein wenig. Nachdem sich allerdings herausgestellt hatte, dass gegen ihn ein offener Haftbefehl bestand, ging mir viel durch den Kopf. Ich wurde etwas nervös und angespannt, da wir das Thema „Haftbefehl“ bisher in der Ausbildung noch nicht behandelt hatten. Das Einzige, was ich sicher wusste war, dass wir ihn mit an die Wache nehmen werden, um den Haftbefehl zu vollstrecken, weil ein Richter dies angeordnet hatte. Mein Anleiter eröffnete dem Mann, dass gegen ihn ein Haftbefehl bestand und dass er uns mit zur Wache begleiten müsse. Zunächst war ich mir aufgrund der ruhigen und höflichen Art des Mannes ziemlich sicher, dass der weitere Verlauf entspannt werden würde. Als der Beschuldigte uns dann sagte, dass er nervös werde und dass er rauchen wolle, war ich mir nicht sicher, ob mein Anleiter ihm dies erlauben werde. Als der Mann daraufhin in seine Jackentasche griff, um wie es schien, nach einer Zigarette zu suchen und stattdessen ein Messer herauszog, realisierte ich dies zunächst gar nicht. Ich war so in meinen Gedanken damit beschäftigt, zu überlegen, wie der Haftbefehl jetzt weiterbearbeitet wird, dass ich total erschrak, als mein Anleiter seine Dienstwaffe zog und den Mann laut aufforderte, das Messer fallen zu lassen. Ich sprang zurück und erst jetzt, nach der Aufforderung "legen Sie das Messer weg", sah ich in der Hand des Beschuldigten das Messer.

Ich war geschockt, wie schnell sich eine zunächst ganz harmlos wirkende Situation plötzlich und zumindest für mich unerwartet grundlegend verändern kann. Zudem hatte ich bisher noch nicht erlebt, dass ein Polizeibeamter im Einsatz seine Waffe zog.

Nachdem der Beschuldigte das Messer hatte zu Boden fallen lassen und gefesselt war, konnte ich mich wieder entspannen. Ich fühlte mich schlecht, da ich meinen Kollegen so wenig in seiner Handlung unterstützt hatte. Ich durchsuchte im Anschluss den Rucksack des Beschuldigten und dachte weiterhin über die Situation nach. Ich versuchte zu verstehen, was gerade passiert war und ordnete meine Gedanken. Zudem ging ich die rechtliche Lage in meinem Kopf durch.

Nachdem der Beschuldigte ans PK 43 verbracht worden war und ich mich an den Computer setzte um den Sachverhalt niederzuschreiben, besprach ich den Sachverhalt auch noch mal mit meinem Anleiter.

Ich nehme sehr viel aus diesem Einsatz mit, da ich nicht noch einmal in die Situation kommen möchte, meinen Kollegen nicht so zu unterstützen wie dies angebracht gewesen wäre. Außerdem hätte ich auch das Messer direkt bemerken und angemessen reagieren müssen.

Ich bin froh, dass die Situation nicht weiter eskaliert ist und lerne aus meinen Fehlern!