Biometrische Identifikation
– Meilenstein für Gefahrenabwehr und Strafverfolgung oder Gefährdung der Grundrechte? – Gesprächsforum des Praxiskollegs des „Netzwerks Digitale Polizei“
Die Verwendung leistungsstarker Systeme zur biometrischen Identifikation verspricht den Sicherheitsbehörden einen enormen Sprung der Effizienz und Effektivität in ihrer Ermittlungs- und Aufklärungsarbeit. Gesichts- und Spracherkennung sowie vergleichbare Biometrie-Technologien könnten dazu beitragen, Tatverdächtige und Gefährder schneller und sicherer zu identifizieren. Ein Sicherheitsgewinn für alle? In der Praxis wirft ihr Einsatz auch gewichtige grundrechtliche und ethische Fragen auf, vor allem in Hinblick auf den Schutz der Privatsphäre und eine unverhältnismäßige Überwachung der Gesellschaft. Diesen Spagat der Interessen diskutierte das Netzwerk Digitale Polizei (NetDigPol) am 3. Dezember 2024. NetDigPol fördert den Austausch über Themen aus dem Schnittfeld von Digitalisierung, Sicherheit und Recht und ordnet sicherheitsrelevante Innovationsthemen in wissenschafts- und polizeioffenen Gesprächsformaten in die polizeiliche Praxis ein.
Unter Moderation von Prof. Eike Richter, Leitung des NetDigPol, entwickellte sich eine lebhafte Diskussion über Chancen und Risiken von biometrischen Erkennungsprogrammen. Der IT-Sicherheitsforscher und Sprecher des Chaos Computer Club Matthias Marx illustrierte, welche Macht biometrische Kontrollwerkzeuge in der Praxis tatsächlich haben, und was passiert, wenn sie in falsche Hände geraten. Kriminaloberrat Jörg Schröder, Leiter der Abteilung 4 für deliktsorientierte Ermittlungen des Landeskriminalamt Hamburg fokussierte sich auf die Chancen, die sich der Polizei sowohl in ihrer strafverfolgenden als auch gefahrenabwehrenden Arbeit bieten. Schon die heute zulässigen, digitalen Möglichkeiten des Datenabgleichs zeige das Potenzial, das der Staat weiter nutzen müsse, um im insbesondere im Kampf gegen Cyberkriminalität nicht abgehängt zu werden. Wichtig sei hierbei, dass für die Polizei, bei den stetig wachsenden digitalen Ermittlungsmöglichkeiten, eine sicheren Rechtsgrundlage vorliege. Der Abgeordnete der Hamburgischen Bürgerschaft Sören Schuhmacher und innenpolitische Sprecher der SPD-Bürgerschaftsfraktion pflichtete dem bei und betonte die Notwendigkeit tragfähiger Rechtsgrundlagen. Hieran setzte sich auch im Hinblick auf das im Vermittlungsausschuss verweilende sog. Sicherheitspaket und auf die laufenden Beratungen in der Hamburgischen Bürgerschaft zur Weiterentwicklung des Gesetzes über die Datenverarbeitung der Polizei (PolDVG) ein intensiver Diskurs zwischen allen Teilnehmenden und dem Publikum zur Frage an, welche Befugnisse zur biometrischen Identifikation der Polizei eingeräumt werden sollten. Insbesondere Fragen der ethischen Vertretbarkeit einer Dauerüberwachung von öffentlichen Räumen anhand internationaler Beispiele sowie die Erörterung, welcher Sicherheitsbedarf bei den Bürgern tatsächlich besteht und wie dieser möglichst effektiv mit biometrischer Identifikationssoftware gedeckt werden kann, zeigten wie facettenreich das Thema betrachtet werden kann und muss. In einem waren sich alle Teilnehmer einig: Es bedarf einer reflektierten und wissenschaftlich fundierten Herangehensweise, um die Möglichkeiten der biometrischen Identifikation für den Schutz der Menschen zu nutzen, dabei aber nicht die verfassungsmäßige Balance zwischen Freiheit und Sicherheit aus den Augen zu verlieren.
Falls Sie Fragen haben oder Interesse an der Mitwirkung am NetDigPol besteht, sind Sie herzlich eingeladen, sich mit uns in Verbindung zu (setzen netdigpol@poladium.de).